Stadt startet Altenhilfe-Offensive

Mit einem Maßnahmenpaket will die Verwaltung dem Pflegenotstand begegnen. Die Stadtteile spielen dabei eine große Rolle.

Es ist eine der größten Herausforderungen unserer Gesellschaft: Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt weiter an, gleichzeitig fehlen Pflegefachkräfte – Bamberg ist hier keine Ausnahme. Mit der Altenhilfe-Offensive will die Stadt gegensteuern. „Wir wollen die Unterstützung in den Quartieren weiter ausbauen“, betont Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp. „Das Ziel muss sein, dass Menschen möglichst lange zu Hause wohnen können.“

Die Zahl der Menschen mit einem ausgewiesenen Pflegebedarf in Bamberg ist allein in den letzten fünf Jahren um ca. 1.000 Betroffene angestiegen – derzeit leben in Bamberg rund 4.000 Menschen mit einem Unterstützungs- und Pflegebedarf. Diese Gruppe wird laut aktuellen Berechnungen in den nächsten 15 Jahren auf über 5.000 Personen anwachsen. Mehr Pflegebedürftige, weniger professionelle Hilfe bedeutet eine zunehmende Belastung der pflegenden Angehörigen.

Mit der Errichtung des Pflegestützpunkts für Stadt und Landkreis Bamberg konnte bereits im Mai 2022 eine wichtige Beratungs- und Koordinationsstelle für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige geschaffen werden, die interdisziplinär arbeitet. Doch muss noch mehr getan werden: „Klar ist: Das bestehende System hat so keine Zukunft, wir können nicht auf große Reformen aus Berlin oder München warten, sondern müssen eigene Wege in Bamberg gehen“, so Sozialreferent Glüsenkamp.

Auch der Stadtrat hat erkannt, dass eine Altenhilfe-Offensive notwendig ist. Das Gremium hat dazu einstimmig ein Maßnahmenpaket mit zwölf Punkten auf den Weg gebracht. Ein Baustein ist etwa die Bereitstellung von Bauplätzen für weitere vollstationäre Pflegeeinrichtungen. Die Schaffung von mehr Pflegeplätzen ist kein Widerspruch dazu, dass Personal fehlt, um die Plätze zu besetzen: „Ohne die Berücksichtigung von Flächenbedarfen ist jede Realisierung zusätzlicher Pflegeplätze in einer Kommune hinfällig“, betont Glüsenkamp.

Vor allem nimmt die Stadt Bamberg die Stadtteile weiter in den Fokus. Die durch die Sozialplanung im Amt für Inklusion erstellte neue Pflegebedarfsplanung führt aus, dass die Quartiersarbeit die professionellen Hilfesysteme entlasten kann. Die Stadt hat bereits 2019 mit der Etablierung der Quartiersentwicklung und dem Quartierskonzept „Fördernetzwerk Stadtteilbüros Bamberg“ begonnen. Mit der Förderung von bislang zwei Stadtteilbüros in der Wunderburg 2021 und in Südwest 2022 wurden erste „Kümmererstrukturen“ in den sozialen Nahräumen aufgebaut. Im beschlossenen Maßnahmenpaket hat der Stadtrat das jährliche Budget von 25.000 auf 50.000 Euro für die Quartiersarbeit pro Stadtteil erhöht. Für die Stadtteile Gartenstadt und Gaustadt werden nun Träger für die Stadtteilarbeit gesucht. Die erste Ausschreibung soll noch in diesem Jahr erfolgen.

Nachbarschaftshilfe wird weiter gefördert

In den Quartieren wird die Nachbarschaftshilfe weiter gefördert. „Ziel ist, eine Kultur von bürgerschaftlichen Unterstützungsstrukturen in Zusammenarbeit mit den professionellen Angeboten in den Stadtteilen zu organisieren“, erklärt Seniorenbeauftragte Stefanie Hahn. Hier setzt ebenfalls das Projekt „Care im Quartier“ an: Sorgegemeinschaften können als nicht professioneller ambulanter Dienst von Bürgerinnen und Bürgern aus der Nachbarschaft heraus entwickelt werden. Ziel ist es, trotz Fachkräftemangel eine gute pflegerische Grundversorgung sicherstellen zu können und gleichzeitig das nachbarschaftliche Miteinander zu stärken. Die Arbeitsgemeinschaft Ältere Bürger und das Amt für Inklusion stehen im Austausch mit dem Bayerischen Landesamt für Pflege, um die Stadt Bamberg als Modellkommune mit entsprechender Förderung zu etablieren.

In den Stadtteilen bieten die Seniorenbeauftragte und die Träger bereits verschiedene Angebote wie das Bewegungsprogramm zur Demenzprävention GESTALT oder den Seniorentanz an: „Durch Veranstaltungen dieser Art bleiben Menschen in Bewegung und wir können der Vereinsamung im Alter entgegenwirken“, betont die Seniorenbeauftragte. In einer alternden Gesellschaft werden Angebote mit einem gesundheitspräventiven und vor allem die Gemeinschaft fördernden Aspekt künftig noch wichtiger.

Maßnahmenpaket Altenhilfe-Offensive

  1. Altenhilfe-Offensive starten: Stadt Bamberg erkennt Notwendigkeit, dieEntscheidung zur Finanzierung sowie die Umsetzung der Finanzierung von Pflege- und unterstützungsrelevanten Angeboten mit hoher Priorität zu behandeln.
  1. Vollstationäre Pflege – Ausweisen neuer Flächen: im ersten Schritt zwischen 2024 bis 2028 mind. 6.000m² Fläche für Pflege (Gesamtsumme der Flächen)
  1. Vollstationäre Pflege – Förderprogramme Kurzzeitpflegeplätze prüfen
  1. Vollstationäre Pflege – Alternativen in der Kurzzeitpflege prüfen
  1. Vollstationäre Pflege – Pilotprojekt Ambulante Kurzzeitpflege Bamberg, Fördermöglichkeiten für das Bamberger Pilotprojekt „Ambulante Kurzzeitpflege“ akquirieren
  1. Fachstelle für pflegende Angehörige personell (spätestens zum 01.01.2026) aufstocken
  1. Pflegestützpunkt Stadt und Landkreis Bamberg: Dokumentation und engmaschiger Austausch mit dem Pflegestützpunkt sowie mögliche personelle Aufstockung
  1. Tagespflege: Situation in der Tagespflege gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren analysieren und Maßnahmen zur Verbesserung der Akzeptanz der Tagespflege umsetzen
  1. Quartiersentwicklung – Intensivierung:  Förderung für Stadtteilarbeit auf 50.000 € pro Stadtteil p.a. erhöhen
  1. Quartiersentwicklung – hauptamtliche Unterstützung: 0,5 Stelle Quartiersentwicklung im Amt für Inklusion schaffen
  1. Projekt „Care im Quartier Bamberg“: Haushaltsmittel in Höhe von bis zu maximal 150.000 € im Jahr unter Vorbehalt der Förderung durch das Landesamt für Pflege anmelden. Zusätzliche Drittmittel zur Minderungen der Eigenmittel sind zu prüfen und umzusetzen
  1. Wertschätzung für das Ehrenamt: Konzept für die Ausschüttung an Ehrenamtliche (über Träger/Institutionen/Beratungsstellen), erforderliche Haushaltsmittel in Höhe von 5.000 € für die Haushaltberatungen anmelden